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Erdgas: Brücke in eine nachhaltigere Industrie

25.10.2021

Energieintensive Industrien stehen vor der Herausforderung ihre Emissionen zu reduzieren. Erdgas könnte hierfür als Energieträger eine wichtige Brückenfunktion einnehmen.

Ohrenbetäubend laut und drückend warm: So ließe sich die Produktion von Fahrgastzellen eines PKWs im Rahmen der Fahrzeugproduktion beschreiben. In der Automobilindustrie wird Erdgas unter anderem als Brennstoff für Industrieöfen genutzt. Dabei werden mit Hilfe der Methode der Warmumformung Stahlbleche bei sehr hohen Temperaturen zunächst erhitzt, ehe diese anschließend geformt und gekühlt werden. Bei diesem Verfahren verändert sich die Mikrostruktur des Stahls in dem Maße, dass dieser nun doppelt so hart ist wie vorher.1

Die Wärmeumformung ist eine energieintensive Methode. Automobilhersteller und andere Industrieunternehmen stellen solche und vergleichbare Verfahren vor eine besondere Herausforderung: Sie sollen und wollen sich der Energiewende verschreiben und ihre CO2-Emissionen reduzieren. Gleichzeitig lassen sich die hohen Energiebedarfe ihrer Produktion kaum vermeiden und allein mithilfe erneuerbarer Energieträger bisher kaum rentabel umsetzen.

Eine Lösung kann die verstärkte Nutzung von Erdgas sein: Denn als CO2-ärmster fossiler Energieträger lassen sich durch seinen Einsatz Emissionen schnell und dauerhaft reduzieren, während gleichzeitig gängige, energieintensive, aber bewährte Produktionsmethoden mittelfristig beibehalten werden können. Aus diesem Grund ist Erdgas, neben den Erneuerbaren, schon heute ein wichtiger Energieträger für die deutsche Industrie: 2020 entfielen etwa 36 Prozent des Erdgasabsatzes auf den industriellen Sektor.2 Mit einem Anteil von 50 Prozent ist Erdgas zugleich die wichtigste Energiequelle bei der industriellen Stromerzeugung.3

Diese Zahl könnte künftig sogar weiter steigen, gerade in energieintensiven Wirtschaftszweigen wie der Primärstahlerzeugung. Um hier eine weitgehende Dekarbonisierung zu erreichen, müssen die derzeit gängigen kohlebasierten Hochofenrouten durch das Direktreduktionsverfahren abgelöst werden, bei dem kurzfristig Erdgas und langfristig treibhausgasarmer Wasserstoff zur Eisenerzreduktion eingesetzt werden kann. Unter der Direktreduktion wird ein Verfahren bezeichnet, bei dem Eisenerz zu einem Eisenschwamm reduziert wird. Basis des Verfahrens bildet zumeist ein Schachtofen, der mit Eisenerz in Form von Pellets und Stückerzen von oben befüllt wird. Damit sich der Sauerstoff in den Eisenerzen herauslösen kann, werden Kohlenmonoxid und Wasserstoff eingesetzt. Diese Gase entstehen – anders als beim Hochofenprozess – nicht aus der Verbrennung von Koks, sondern werden außerhalb des Schachtofens mittels Katalyse aus Erdgas erzeugt. Mit einer Temperatur von rund 1000 Grad Celsius werden beide Prozessgase in den Ofen eingeführt, wodurch die Eisenerze durchströmt werden und der Sauerstoff entfernt wird. Dies führt zu einer rissigen Oberfläche der Eisenerze, was einem porösen Schwamm ähnelt und aufgrund dessen als Eisenschwamm bezeichnet wird. Der Eisenschwamm wird anschließend zu Rohstahl weiterverarbeitet.4  

Und auch mit Blick auf die Speicherung von Energie kommt Gas eine bedeutende Rolle zu. So wird in der Zukunft der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromgewinnung weiter steigen. Eine Speichermöglichkeit für den regenerativen Strom besteht in dem Verfahren „Power-to-Gas“.5 Bei diesem wird, durch überschüssigen Strom, Wasser mittels Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Dieser (grüne) Wasserstoff kann in begrenztem Maß direkt in die bestehenden Erdgas-Netze eingespeist oder zu synthetischem Erdgas weiterverarbeitet werden, das unbegrenzt dem Erdgas beigemischt werden kann.

Viele Industrieunternehmen setzen schon heute auf den Einsatz von Erdgas. Die gute CO2-Bilanz des Energieträgers, seine Rolle beim Übergang zu einer funktionierenden Wasserstoffwirtschaft sowie seine Speicherfähigkeit könnten dafür sorgen, dass der Energieträger bald auch von anderen Unternehmen noch intensiver genutzt wird – und damit die Brücke hin zu einer nachhaltigeren Industrie von morgen schlägt.

 

1 WINGAS GmbH: https://www.wingas.com/
2 BDEW: Erdgasabsatz nach Kundengruppen: https://www.bdew.de/service/daten-und-grafiken/erdgasabsatz-nach-kundengruppen/
3 Destatis: Industrie produziert 53,4 Milliarden Kilowattstunden Strom im Jahr 2019: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2020/10/PD20_410_43312.html
4 tec-science: Direktreduktionsverfahren: https://www.tec-science.com/de/werkstofftechnik/stahl-erzeugung-herstellung/direktreduktionsverfahren/
5 Zukunft Gas: Power-to-Gas – Aus Wind, Sonne und Wasser wird Erdgas: https://www.erdgas.info/energie/erneuerbares-erdgas/power-to-gas/strom-zu-gas